Ich fahre extra einen kleinen Umweg zum Ortsschild von Metamorfosi, denn genau hier war ich vor 10 Jahren schon einmal.
Kleiner Einschub:
Damals habe ich nach dem Abi meine erste längere Radtour unternommen, durch Südosteuropa. Teilweise alleine, teilweise mit Begleitung.
Knapp die Tour in Ländern:
Angefangen am Brenner, runter in Italien bis Brindisi, mit der Fähre nach Igoumenitsa, den Peloponnes entlang nach Piräus (Hafen von Athen), mit der Fähre nach Rhodos, mit einer weiteren Fähre nach Marmaris in der Türkei, immer nach Norden bis Canakkale, zurück nach Griechenland und über Albanien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Slowenien und Österreich zurück nach Nürnberg. (Quasi eine Umrundung von Adria und Ägäis)
In Zahlen waren das 7.200 km in 66 Tagen, inklusive einiger Ruhetag. Damals bin ich wirklich viel gefahren, ich war 19 Jahre jung. Ich hatte ein leichteres, schnelleres Rad und weniger Gepäck. Mittlerweile habe ich gelernt, dass es nicht darauf ankommt, möglichst schnell oder möglichst viele Kilometer zu fahren. Viel wichtiger ist es sich Zeit zu lassen und nicht zu hetzen.
Jedenfalls kam ich damals mit der Fähre in Igoumenitsa an und stellte fest, dass ich mit dem direkte Weg nach Athen viel zu früh zum verabredeten Zeitpunkt mit meinem Vater in Rhodos wäre. Der Windschatten italienischer Rennradfahrer und Traktoren hat mich zu schnell durch Italien gebracht. Da ich also Zeit übrig hatte, entschied ich mich die Finger des Peloponnes ab zu radeln. So gelangte ich nach Metamorfosi. Den verkehrsreichen Teil nach Piräus kürzte ich damals von Methana über die Insel Egina ab.
Jetzt 10 Jahre später bin ich wieder hier und fahre in etwa die gleiche Strecke entlang der Küste, nur in die Gegenrichtung. Ich bin gespannt woran ich mich erinnere, oder was sich verändert hat.
Besonders angenehme finde ich die Fahrweise der Griechen, sie überholen meist überlegt und man merkt, dass sie nicht gehetzt sind. Generell herrscht am Peloponnes auf den kleinen Straßen angenehm wenig Verkehr. Es ist ideal hier zum Radfahren.
Die Inseln Poros und Hydra sehe ich nur vom Festland aus.
Bei einer Quelle fülle ich meine Wasserflaschen auf. Leider liegt, trotz vorhandener Mülltonne, sehr viel Müll rum. Das Wasser riecht komisch aber ich entdecke kein Schild ob es Trinkwasser ist oder nicht. Erst später sehe ich auf dem Foto, dass jemand in blau “No Drink” hingeschrieben hat. Das hab ich vor lauter Geschmier übersehen. Naja, schlecht war das Wasser zum Glück nicht, ich habe drei Liter getrunken und nichts negatives bemerkt.
Bei einer langen Abfahrt sehe ich ein voll bepacktes Tourenrad am Straßenrand und halte an. Xavier aus Frankreich hat vor kurzem seine Doktorarbeit in Mathematik abgeschlossen und ist der erste Radreisende, den ich in Griechenland treffe. Im Januar ist er gestartet, nach Italien ist Griechenland sein zweites Land. Er reist langsam und ist engagiert die Sprachen zu lernen. Auf meine Frage, warum er gar so viel Gepäck hat, erzählt er mir von seinem Traum im Winter durch Sibirien fahren zu wollen.
Mein Ziel ist nicht Sibirien, sondern irgendein Zeltplatz heute abend, denn ich habe den Entschluss gefasst das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Schweden anzuschauen, anstatt irgendwo wild zu zelten.
Beim abladen der Radtaschen bemerke ich, dass eine Schraube der Aufhängung fehlt, zwei weitere sind sehr locker. Da habe ich Glück gehabt, dass die Tasche noch ganz ist. Bei meinen Ersatzschrauben finde ich glücklicherweise genau den passenden Ersatz. Die Schwarze ist die Originale.
In Nafplio liegt ein großes Segelschiff im Hafen. Zum Größenvergleich steht ein Bus, ein Van und ein Auto davor.
So das wars erstmal mit dem stabilen sonnigen Wetter. Die nächsten Tage werden gewittrig. Abends beginnt es zu regnen, weit und breit ist nichts zum Unterstellen, es hilft nichts, im strömenden Regen muss ich weiter fahren. Für eine Regenjacke ist es schon zu spät, denn ich bin klatschnass, außerdem ist sie weit unten in der Tasche, bis ich sie gefunden hätte, wäre alles nass. Dennoch kühlt es sehr ab und ich bin froh, als ich endlich etwas zum Unterstellen finde. Es ist ein verlassene Taverne direkt neben der Straße. Ich zieh mir trockene Kleidung an, koche mir einen warmen Tee, sowie mein Abendessen und da es weiterhin schüttet, entscheide ich an diesem trockenen Ort über Nacht zu bleiben.
Immer wieder finde ich am Straßenrand leckere Orangen.
Schön sieht diese/r Grille/Grashüpfer aus.
Da es bewölkt ist, kann ich zur Mittagszeit den Serpentinen, welche sich bis auf 700 m hinauf schlängeln, folgen.
Immer mal wieder sehe ich kleine Solarfelder und Windparks. Wind und Sonne gibt es hier reichlich. Griechenland schläft nicht! 🙂
Eine wunderbare Abfahrt führt mich nach Fokiano und ich erblicke eine neue übertrieben ausgebaute Straße. Für fast zwei Stunden bin ich auf den etwa 20 km so gut wie alleine, gerade mal 3 Autos sehe ich. Ich bin sehr am zweifeln über das Ausmaß der Straße.
Danach wird die Straße wieder kleiner und gemütlicher.
Nach 89 km und 2000 Hm reicht es mir für heute. Eine kurze Dusche im starken Wasserstrahl kommt sehr gelegen. Bei einem Weg mit Bienenkästen stelle ich mein Zelt auf. Wegen der Hitze natürlich ohne Überzelt. Nachts um 4 Uhr wache ich vom Gewitterregen auf, schnell raus und das Überzelt darüber, dann versuchen weiter zu schlafen. Morgens wache ich im Trocknen auf, aber als ich frühstücken will, beginnt es wieder zu regnen, also zurück ins Zelt. Die Wolken und der Regen hängen hier zäh fest, so dass ich erst mittags um ein Uhr loskomme.
Erneut werde ich vom Regen eiskalt erwischt, keine Chance mich unter zu stellen, also weiterfahren. Wenn man die Hitze gewohnt ist, fühlen sich 17°C plötzlich ziemlich kalt an. Eine heiße Schokolade und ein Club Sandwich sind meine Rettung in einem Café im nächsten kleinen Gebirgsdorf zum Aufwärmen und Trocknen.
Später gegen abend erreiche ich Monemvasia. Die Halbinsel ist nur über eine schmale Landbrücke verbunden, daher kommt auch der Name, denn moni emvasia bedeutet “einziger Zugang”. Mich erinnert die Form ein wenig an Uluru in Australien.
Im byzantinischen Reich war diese Kleinstadt eine bedeutende Festung. Nur zu Fuß kann man Monemvasia erkunden. Schöne kleine Gässchen und versteckte Durchschlupfe verzaubern.
Und wieder eine neue, groß ausgebaute Straße mit kaum Verkehr.
Gewitterwolken ziehen umher, aber heute bleibe ich zu Glück verschont.
Nachmittags halte ich in einem kleinem Dorf bei einem Café um das Fussballspiel anzuschauen. Deutschland verliert 0:2 gegen Korea, somit wars das bei der WM.
Bemerkenswerte ist, dass in den Cafés in den Dörfern immer NUR Männer sitzen. Sie trinken ihren Kaffee oder Ouzo, Frauen sehe ich nie im Café.
Zelten im Olivenhain bei Mondschein.
Von Gythio geht es wieder nach Süden auf den mittleren Finger des Peloponnes, die Halbinsel Mani. Es ist ein windiger Tag.
Bei einer Regenpause treffe ich Franz aus München. Er hat sich ein Jahr frei genommen um “die Seele baumeln zu lassen”, meint er. Zu Beginn ist er erstmal mit dem Rad unterwegs.
Als wir nach einem netten Gespräch beide wieder in verschiedenen Richtungen aufbrechen, hat der Wind extrem zugenommen. Der Wind spielt mit mir, er wirft mich hin und her. Das ist nicht gefährlich, da eh kein Verkehr herrscht, aber so einen brutalen Wind hatte ich schon lange nicht mehr!
Zelten ohne Windschutz wäre bei diesem Sturm fatal, so suche ich nach einem geschützten Platz. Bei einem verlassenen Bergdorf (Spira) finde ich hinter einem Haus genügend Schutz zum biwakieren. Der Wind pfeift ums Haus, ich bin froh diesen Platz gefunden zu haben. Der Vollmond steigt aus dem Meer empor.
Erholsam war die Nacht mit dem krassen Wind und dem hellen Vollmond keineswegs.
Also ich heute meine E-Mails checke, erfahre ich von Roland von einer neuen Spende, die die 3000 € genau voll macht. JUHU!!! Das Spendenziel ist erreicht! Genial! 🙂
Somit sind die 10 €-Cent pro gefahrenem Kilometer bis zur 30.000 km Marke in Whangaruru, in Norden Neuseelands gedeckt.
Mittlerweile bin ich aber schon bei fast 38.000 km und denke bis Nürnberg die 40.000 km, was einem Erdumfang entspricht, voll zu machen.
Ich würde mich also freuen, wenn ihr Roland’s und mein Projekt weiter unterstützt. 🙂
Das Sträßchen hat es übel erwischt.
Abends finde ich am Ende eines Weges auf einer kleinen Halbinsel (Delfina) einen wunderschönen Gemüsegarten zum übernachten.
Mit mobilen kleinen Läden, werden die abgelegeneren Dörfer mit Gemüse versorgt.
In Griechenland ist eine gewisse Geräuschkulisse fast allgegenwärtig. Damit meine ich das zirpen der Zikaden. Manchmal vergisst man es oder blendet es aus, aber eigentlich ist es immer zu hören.
Das sind keine Regentropfen, sonder Kondenswasser bzw. Tau.