Welcome to Australia
Australien ist in etwa so groß wie Europa, ein einziges Land, ein einziger Kontinent. Wir haben vor von Darwin nach Melbourne zu radeln und, wenn wir am Ende noch Zeit haben, wollen wir Tasmanien erkunden. Insgesamt werden es in Australien fast 7.000 Kilometer werden. Beide haben wir ein Visum für 3 Monate.
Mit nur 24 Mio Einwohnern ist Australien eines der am dünnsten besiedelten Länder der Erde, gerade mal 3 Einwohner pro Quadratkilometer.
Die Einreise verläuft problemlos und ich baue mein absolut sauberes Fahrrad am Flughafen zusammen.
Für mich ist es eine sehr große Umstellung, nach den armen Länder in Südostasien, zuletzt Indonesien und Timor-Leste, plötzlich in einem der reichsten Länder zu sein. Schließlich habe ich fast 9 Monate in Südostasien verbracht. Auf dem kurzen Weg vom Flughafen in die Stadt fallen mir viele Dinge auf. Alles ist anders, ungewohnt und merkwürdige. Ich sehe andere Radfahrer. Ich sehe so viele weiße Leute, wie schon lange nicht mehr. Alles ist groß, alles ist flach, es ist sauber und überall sehe ich Werbung. Ich verstehe alles und kann alles lesen. Ich bin nicht mehr der Exot, der überall auffällt und angesprochen oder gegrüßt wird. Und ganz gewohnt fahre ich natürlich auf der Straße, die immer größer wird bis ein Fahrrad verboten Schild kommt. Ahh.. es gibt einen Radweg!! Nanu, daran habe ich nicht gedacht. Auffällig sind auch die Aborigines, die eine sehr dunkle Hautfarbe haben und immer barfuß unterwegs sind.
Zu Fleur von warmshowers sind es nur 10 km, ich werde sehr nett empfangen und kann mein Zelt im Garten aufstellen. Erstmal klebe ich die vielen Löcher (von den Ameisen) im Zeltboden zu. Ich bekomme ein Abendessen und muss ehrlich sagen, dass ich so gut schon lange nicht mehr gegessen habe! Fleur hat einen 7 jährigen Sohn und ihre Mutter ist auch da. Der Lebensstandard ist hier ganz einfach höher, es gibt z.B. Trinkwasser vom Wasserhahn, was für mich sehr sehr ungewohnt ist.
Am 11. August 2017 hole ich meinen Vater vom Flughafen ab. Eberhard hat sein neues Reiserad mit ebenso neuen Radtaschen mitgebracht.
Vater und Sohn vereint. Zusammen radeln wir nach Darwin zu Fleur.
Am nächsten Tag erkunden wir etwas die Gegend und machen einen Großeinkauf. Auch schauen wir im kostenlosen Museum der Stadt vorbei und erfahren von Cyclone Tracy, der 1974 zur Weihnachtszeit fast die ganze Stadt nieder gefegt hat. Über 70% der Gebäude wurden zerstört.
Trotz vieler Warnungen vor Krokodilen und tödlichen Quallen (zu bestimmten Jahreszeiten) gehe ich an einer sicheren stelle ins Meer, welches gerade mal knietief ist, denn es ist Ebbe. Wir radeln etwas entlang der Küste, sehen aber leider keine Krokodile.
Es ist Sonntag, der 13. August 2017. Ich ersetze morgens noch den festgefressen Schaltzug und Bowdenzug, was einige Probleme mit sich bringt, aber am Ende zum Glück doch gelingt. Endlich kann ich die Kettenblätter wieder geschmeidig rauf und runter schalten. Erst um 14 Uhr starten wir und verabschieden uns von unseren Gastgebern, die uns einen sehr herzlichen und angenehm Start in Australien ermöglicht haben. Dankeschön.
Nach ein paar Kilometer überholt uns ein Auto, jemand winkt heraus und ruft motivierende Worte. Die Person kommt mir bekannt vor. Und tatsächlich, es sind Jakob (www.pedalforhumanity.eu) und seine Freundin, die ich am Flughafen in Dili kennengelernt habe. Die beiden haben eine Mitfahrgelegenheit bis Alice Springs gefunden. Lustig diese Zufälle.
Wir gehen Mittagessen, bevor es nichts mehr gibt.
Zu Beginn ist der Stuart Highway noch sehr gut ausgebaut und beeindruckt gleich mit extrem weiten Kilometerangaben. Fast 1500 km bis Alice Springs. Ja da wollen wir hin!
Der Stuart Highway ist benannt nach John McDouall Stuart, der 1862 als erster den austauschen Kontinent von Süden nach Norden durchquerte. Faszinierend!
Bereits 1872 wurde eine Telegraphenleitung entlang Stuart’s route gebaut.
Seit den 1980er ist der highway asphaltiert und hat von Darwin bis Port Augusta eine Länge von etwa 2700 Kilometern.
Schon sehr bald verlassen wir aber den Stuart Highway wieder, denn wir fahren einen kleine Umweg durch den Litchfield National Park, welcher sich durchaus lohnt. Es ist Trockenzeit und viele Wälder entlang der Straße sind abgebrannt oder rauchen sogar noch. Gut 10 km müssen wir über eine Wellblech Piste rattern. Erstaunlicher- und erfreulicherweise kostet der National Park keinen Eintritt.
Auffällig sind die großen Termitenhügel überall, so etwas haben wir noch nicht gesehen.
Die Gegend bietet einige Bademöglichkeiten und Wasserfälle. Bei den wunderschönen Wangi Falls können wir uns von der Hitze abkühlen.
Eigentlich dachten wir an eine geniale Abkürzung, die uns durch tolle wilde Gegend und logisch zurück zum Stuart Highway zurückführen würde. Daraus wird aber leider nichts. Die Straße ist als 4WD (four wheel drive, Allradantrieb) ausgezeichnet und schnell lernen wir, dass das nicht wirklich fürs Fahrrad geeignet ist.
Die ersten 500 m sind Sand, ein Fahren ist unmöglich, also schieben wir. Das ist nicht leicht mit schweren voll beladenen Rädern auf sandigem Untergrund. Und dann kommt (zum Glück) gleich ein “floodway”, eine Flussüberquerung. Die Messlatte zeigt eine Tiefe von 50 cm, es wird vor Krokodilen gewarnt und die andere Uferseite ist nicht zu sehen, bestimmt 20-30 Meter entfernt. Uns wird sogar von Autofahrern angeboten uns auf die andere Seite zu bringen, aber schnell entscheiden wir uns gegen den 4WD, denn es wären etwa 40 km, und der Weg sei kaum besser als die ersten 500 Meter, hören wir.
Wir entscheiden uns für die umwegigere Teerstraße und kommen so gleich mal in den Genuss unserer ersten Nachtfahrt. Nach einer Stunde erreichen wir den Florence Falls Campground, wo man legal umsonst nächtigen kann. Im Dunkeln sehen wir wenig, alle Stellplätze scheinen belegt, aber für unser kleines Zelt findet sich immer ein Platz. Morgens werden wir gemütlich von der Sonne geweckt.
Zum Aufwachen baden wir im schattigen kalten Pool mit Wasserfall.
Bei den Termitenhügeln (Magnetic Termite Mounds) machen wir eine Pause und bewundern die großen Bauwerke der kleinen Krabbeltiere. Es sieht tatsächlich aus wie auf einem Friedhof. Ein besonderes Merkmal ist, dass die flachen “Grabsteine” exakt in Nord-Süd-Richtung errichtet sind. Die sogenannten Kathedralen können bis zu 5 Meter hoch und 50 Jahre alt sein.
Zurück auf dem Stuart Highway begegnen wir den ersten Roadtrains, aber dazu später mehr. Nach Adelaide River entscheiden wir uns für eine einsame Alternativroute, die sich wirklich lohnt. Wir sind alleine und sehen unsere ersten Wallabies (nicht Kängurus). Bei den Robin Falls schlagen wir unser Nachtlager auf. Eine 15 minütige Wanderung bringt uns zu einem netten kleinen Pool. Am Rückweg wird es bereits dunkel und vor uns hüpfen die Frösche kreuz und quer. Es ist die dritte Nacht in der Wildnis und Zeit für unser erstes Feuer. Das Holz ist jedoch recht nass, nur mit viel Mühe und Geduld bekommen wir das Lagerfeuer entzündet. Als es dann aber brennt haben wir großen Spaß damit, wir fühlen uns sehr wohl.
Oh, seit 500 Tagen bin ich nun unterwegs (22.642 km).
Morgens erfrischen wir uns im kleinen Bach. Noch 50 km genießen wir das auf und ab auf der schöne einsamen Straße. Man beachte die Farbunterschiede, links hat es gebrannt, rechts nicht.
Zur Mittagspause sind wir bei einem Roadhouse. Es gibt Bier der Marke Victoria Bitter, welche tatsächlich zur Lieblingsbiermarke wird. Reizvoll ist natürlich auch der Spruch auf der Dose: “For a hard earned thirst.”
Im Hintergrund sieht man ein paar Aborigines, leider habe ich mich nicht getraut sie nach einem Foto zu fragen.
Zum Thema Roadtrains: Sie sind natürlich gefährlich für uns, aber es sind nicht so viele und schnell lernt man damit klar zu kommen. Fast alle Fahrer überholen echt ok und wenn die Straße übersichtlich ist weichen sie auch richtig aus. Schnell sind sie jedoch immer und gebremst wird nicht! Dessen muss man sich bewusst sein. Da sie laut sind, hören wir sie im voraus. Ein Rückspiegel ist durchaus sehr sinnvoll. Gefährlich wird es, wenn gleichzeitig Gegenverkehr kommt. Dann müssen wir raus, die Straße verlassen. Wenn also ein Roadtrain von vorne kommt, schauen wir immer zurück, ob oder was gerade von hinten kommt. Der Stuart Highway verläuft meist sehr geradlinig und übersichtlich. Für Tiere sind sie absolute Tötungsmaschinen. Meist haben sie vier Anhänger und können bis zu 54 Meter lang sein. Insgesamt muss ich sagen, sind sie eine gut vorhersehbare und handhabbar Gefahr.
Abends kommen wir zum Campingplatz in Pine Creek. An einem Baum hängen unzählige große Fledermäuse.
Es ist nicht viel Verkehr auf dem Stuart Highway, dennoch fahren wir sehr gerne Alternativen mit kleinen Umwegen. Ohne Roadtrains und Verkehr braucht man nicht dauern wachsam sein und das Radfahren macht noch mehr Spaß. Günstig sind übrigens auch die Abendstunden, da ist so gut wie keiner mehr unterwegs.
So kommen wir in den Genuss einer kleinen alten verlassenen Straße, für etwa 20 km führt sie parallel. Irgendwann kommt ein Bach ohne Wasser, den wir gut passieren können.
Die Roadtrains, die Treibstoff transportieren, sind gefühlt die längsten. Wir haben gezählt wie viele Reifen so ein Zug hat. Ratet mal!?
Dieser Tanklaster im obigen Bild hat 2 + 21 x 4 = 86 Reifen.
Wir sind immer noch weit im Norden (nahe dem Äquator) und es ist sehr heiß! Wir sind hungrig und suchen nach Schatten. Endlich kommt ein kleines Häuschen (das vermutlich einzige für 20 km in beide Richtungen). Das Gasleitungs-Häuschen bietet genug Schatten für uns, sodass wir essen und rasten können.
Nach einer Trinkpause mit kaltem Wasser bei der CDU (Charles Darwin University) einige Kilometer vor dem Ort, erreichen wir schließlich Kathrine.
Wieder kaufen wir groß ein um die folgenden Tage versorgt zu sein.
Am nächsten Tag geht es weiter und die Fox Road bietet mal wieder eine schöne Abwechslung zum Stuart Highway. Wir sehen schwarze Papageien, radeln entlang riesiger Mandelbaum Plantagen und passieren großer Melonenfelder.
Heute haben wir mit unangenehmen Gegenwind zu kämpfen. 20 km vor Mataranka legen wir nochmals eine notwendige Pause ein und treffen einen waschechten Franken.
Es gibt einen kleinen Laden und als ich davor warte setzt sich eine Frau zu unseren Rädern und fängt schließlich ein Gespräch mit mir an. Ihr Mann kauft derweil eine Flasche Schnaps. Sie ist ein Aborigine, erzählt von ihrer Tochter in Sydney und fragt woher wir kommen. Am Ende sagt sie einen Satz, der leider ein wenig beschreibt wie wir die Aborigines meist sehen. “We live here in Mataranka. And we drink. That’s all.” Den Satz aus ihrem Mund mit vollem Bewusstsein zu hören macht mich traurig. Sie scheinen vom Staat genügend Geld zu bekommen aber können aufgrund ihrer komplett anderen Kultur nicht damit umgehen. Sie bekommen also Geld, werden dann aber damit alleine gelassen. Ohne Perspektive verfallen viele dem Alkohol.
Die Ureinwohner Australiens besiedelten den Kontinent vor etwa 40.000-60.000 Jahren. Bis zur Ankunft der Europäer 1788 lebten sie mindestens 35.000 Jahre isoliert. Dieser gewaltige Zeitsprung, quasi von der Steinzeit in die moderne Welt des 18ten und 19ten Jahrhunderts, bringt viele Probleme mit sich. Beispielsweise gab es bei den Aborigines kein Eigentum. Wir haben uns zum Vergleich vorgestellt, wie sich ein Ritter aus dem Mittelalter in unsere modernen Welt zurechtfinden würde!
Naja, wen das Thema interessiert, der kann ja weiter recherchieren. Es ist z.B. auch nicht genau geklärt wie und wann die Aborigines nach Australien kamen. Es gab keine Landbrücke!
In Mataranka bleiben wir für einen Ruhetag. Sehr früh stehen wir auf und radeln das kurze Stück zu den Bitter Springs. Hitze verwöhnt empfinden wir die morgendlichen 15 Grad als sehr kühl. Schnell gehen wir in das 33 Grad warme Wasser des Flusses. Das Wasser ist glasklar und dämpft schön. 200 Meter kann man mit der Strömung flussabwärts schwimmen, traumhaft an großen Vögeln und Palmen vorbei.
Am Zeltplatz bekomme ich mein erstes Wallaby vor die Linse. Pfaue laufen herum und abends kommen wir mit einem australischen Rentnerehepaar (Laurie und Debby) ins Gespräch. Sie laden uns ein von ihrem Salat mit zu essen. Wir werden sie ein paar Tage später wieder treffen.
Nach dem Ruhetag geht es weiter und es wird der Tag der Radfahrer. Irgendwo im nirgendwo kommen uns zwei Punkte entgegen. Es sind tatsächlich andere Radfahrer. Max aus Bregenz und Audrey aus Kanada sind in Tasmanien gestartet und wollen nach Vietnam. Max fährt mit einem Lastenfahrrad, er sagt bei voller Beladung (Essen für zwei Wochen und viel Wasser) kommt er inklusive Eigengewicht auf 200 kg. Unglücklicherweise verdeckt mein Fahrrad den interessanten Teil des Lastenfahrrads.
Alles weitere hier: http://douze.x-sound.at
Nach 77 km treffen wir bei unserer Mittagspause in Larrimah einen Radfahrer aus Italien. Ich habe leider seinen Namen vergessen. Er hat sein Rad in Sydney gekauft und will nach Norden.
Und am späten Nachmittag sehen wir nochmal zwei Punkte auf uns zukommen. Ina und Mirko (www.mina.rtwblog.de) aus Kemnitz sind ein Jahr vor mir gestartet und andersrum über Nord- und Südamerika hierher gekommen.
Abends finden wir einen tollen Platz zum übernachten, mit Lagerfeuer versteht sich. Die Nachttemperaturen werden allmählich kühler, wir wachen morgens mit 8 Grad auf.
Heute sind wir schnell, der Wind scheint gut zu sein. Die ersten 48 km bis zu einem Roadhouse fahren wir mit einem 23er Schnitt.
Auch Kühe werden mit den lange Roadtrains transportiert.
Der Franken Express rollt!
Beim nächsten Roadhouse machen wir nach weiteren 44 km unsere Mittagspause. Es gibt unser Übliches: eine große Portion Chips (Pommes) mit Ketchup und eine große Cola. Plötzlich taucht ein Radfahrer auf. Nanu. Schnell stellt sich heraus, dass wir deutsch reden können. Insgesamt sind es drei Lehrer aus Miesbach (bei München). Sie flitzen in ihren Sommerferien von Adelaide nach Darwin, was einen sehr straffen Zeitplan bedeutet. Wir sprechen über meine Tour. Letzten Sommer war das gleiche Trio in Armenien und im Iran mit ihren Rädern. Das lustige ist, dass sie nur vier Tage vor uns den Grenzübergang bei Meghri von Armenien in den Iran überquerten. Verrückte Welt.
Wir nutzen den Tag voll aus, fahren bis zum Sonnenuntergang und haben am Ende 148 km auf dem dem Tacho, unsere längste Etappe, in gerade mal 7 Stunden. Auf einem staubigen Parallelweg richten wir unser Zelt auf, nur 40m vom Highway entfernt. Aber das macht nichts, denn wir haben Sichtschutz und nachts fährt eh so gut wie keiner.
Hier mal ein Beispiel für eine typische (gute) Rest Area, mit Toiletten, Mülleimern, einem überdachten Tisch und einem Wassertank.
Besonders gefällt uns die rote Farbe des Sandes und die endlose Weite. Es ist keineswegs öde, denn auch wenn es ewig geradeaus geht, die Landschaft verändert sich tatsächlich immer ein wenig. Warum halten wir hier auf der rechten Seite, es ist doch Linksverkehr. Na wegen dem Schatten.
Und wen diese Bilder noch nicht glücklich machen, der geht einfach mal ein bißchen in des Schildes weisende Richtung. 🙂
Wir übernachten bei Renner Springs. Morgens spricht uns unser Übernachtungsnachbar an. Er kann ein bißchen deutsch, denn vor vielen vielen Jahren hat er kurz in Deutschland gelebt. Ted und Eileen kommen aus Tasmanien, sie reisen mit ihrem Wohnmobil zurück nach Süden. Ted beschreibt wo er wohnt und lädt uns ein vorbeizuschauen, wenn wir in Tasmanien sind. Wir notieren uns die Beschreibung und markieren den Ort in unserer Karte. (Kleiner Vorgriff, tatsächlich werden wir sie in Tasmanien besuchen.)