Welcome to Albania!
An der Grenze läuft alles normal. Die Beamten sind sehr freundlich und ich werde gefragt ob es mein erster Besuch in Albanien ist. Ich antworte, dass ich vor 10 Jahren schon einmal in Albanien war. Auf Nachfragen bekomme ich auch einen Stempel in meinen Pass.
Die Hauptstraße ist in erstaunlich gutem Zustand, das Verkehrsaufkommen geht gegen Null. Vor dem ersten kleinen Ort Çarçovë biege ich in die Nebenstraße ab und überquere den Fluss.
Generell sind die meisten kleineren Straßen in Albanien in sehr schlechtem Zustand. Kaum bin ich auf dem kleinen Weg, sehe ich zwei Schildkröten.
Der erste Esel lässt auch nicht lange auf sich warten. Aus meiner Erinnerung von vor zehn Jahren weiß ich von den vielen Eseln.
Eine alte, neu beholzte Brücke überquere ich nur zum Spaß für ein Foto, sie ist nur für Schafe bzw. Fußgänger.
Es ist landschaftlich sehr schön und bald finde ich einen Platz für mein Zelt.
Bei der ersten kleinen Kreuzung des Schotterweges halte ich an um nach dem Weg zu schauen. Im selben Moment rollt von links ein alter Mann auf seinem Quad bergab, fast lautlos, denn der Motor ist aus. Spritsparend! Wir kommunizieren kurz, ich sage einen Ortsnamen und deute in eine Richtung. Er deutet in dieselbe Richtung. Alles klar. Zum weiterfahren verbindet er zwei Drähtchen, sodass der Motor angeht. Das ist Albanien.
Kurz danach komme ich unerwartet bei einem Kamping Bar Restaurant Hostel House vorbei. Ich kann mit Euro bezahlen und bestelle einen Kaffee. Wenig später kommt der Mann mit dem Quad dazu. Er hat zwei Söhne, die in Nürnberg in einem Restaurant als Köche arbeiten. Den Namen des Restaurants weiß er allerdings nicht. Von der Besitzerin bekomme ich ein Tasse heiße Milch, von der Kuh ums Eck, geschenkt. Was für ein angenehmer, schöner Start in Albanien.
Vormittags erreiche ich Përmet, den ersten größeren Ort. Dort gibt es alles wonach man sucht. Ich brauch einen Geldautomaten um ein paar Lek abzuheben.
Mittags kehre ich in ein Restaurant in Këlcyrë ein. Dringend müsste ich mein Tablet laden. Daraus wird jedoch nichts, denn im Moment ist Stromausfall.
Für 15 km geht die Straße noch geteert leicht bergauf bis Ballaban. Danach wird es wild. Ich möchte die Berge nach Poliçan überwinden. Die Straße (naja eher ein Weg) ist in einem üblen Zustand. Ich erinnere mich an die schlimmsten Straßen, den Goderzi Pass in Georgien und die Hauptstraßen in Timor-Leste, das hier ist sehr vergleichbar damit. Mit 5-7 km/h fahre ich bergauf, mit 7-5 km/h bergab. Das beste und verbreitetste Fortbewegungsmittel ist definitiv der Esel. Für etwa 20 km benötige ich 4 Stunden. Glücklicherweise kommt genau zum richtigen Zeitpunkt eine Quelle. Juhu.
Besonders weit komme ich an diesem Tag nicht mehr. Als es abends leicht zu regnen beginnt, stelle ich mein Zelt auf einer Wiese neben dem Weg auf. Ich befinde mich mitten in den Bergen, in der Nähe der nicht wirklich erkennbaren Ortschaft Vokopolë.
Die Abfahrt am nächsten Tag ist sehr steil. Mit viel Bremsarbeit rolle und rutsche ich mühsam über jeden einzelnen Stein. Ich bin erstaunt und glücklich wieviel mein Rad aushält. Für 500 Hm auf 5 km brauche ich 50 Minuten. Bergab!! Wer also eine Herausforderung sucht, dem kann ich diese Berggegend zwischen Këlcyrë und Poliçan empfehlen.
In Pronovik komme ich wieder auf eine geteerte Hauptstraße und fahre nach Poliçan. Ich sehe viele alte Fabrikgebäude. Hier wurden während des kommunistischen Regimes Waffen produziert, erst 2003 wurden die letzten Fabrikationsanlagen geschlossen.
Zu Mittag kehre ich in Poliçan ein. Es gibt Pizza. 🙂
Heute nicht, vielleicht ja morgen..
An Berat fahre ich nur vorbei.
Abends in der Nähe von Belsh tue ich mich schwer einen vernünftigen Platz für mein Zelt zu finden. Die Ackerböden (zu uneben, zu spitz, zu stachelig) der landwirtschaftlichen Gegend sind nicht für mein Zelt geeignet. So stelle ich es letztendlich bei Sonnenuntergang auf einen schmalen Weg.
Auf den kleinen Nebenstraßen treffe ich wieder meine voll bepackten Freunde.
Eine weitere wild Bergetappe führt mich von Grykesh i Madh nach Vesqi.
Abends erreiche ich die Hauptstadt Tirana und suche mir ein Hostel.
Tirana hat sich verändert, es ist ganz anders als vor 10 Jahren. Ich kann nicht genau sagen wie, aber mittlerweile ist es eine moderne Stadt und der Tourismus scheint schnell zu wachsen. 2008 waren wir nicht lange hier und haben auch nicht übernachtet. Diesmal bleibe ich drei Nächte. Eine der größten Veränderungen ist für mich der Hauptplatz, der Skanderbeg-Platz. Er ist neu gestaltet, jetzt ist es kein riesiger Kreisverkehr mehr für den Verkehr, sondern ein tolles Stadtzentrum für die Einwohner, nur noch Fußgänger sind erlaubt. Bei einer zwei stündigen, sehr interessanten Free Walking Tour bekomme ich einen guten Eindruck und Überblick über Tirana und die Geschichte Albaniens.
Am Sonntag morgen fahre ich weiter, in einer Flachetappe will ich nach Shkodër. Insgesamt sehe ich heute sieben Hochzeiten. Ein angenehmer Rückenwind macht es mir sehr leicht. Schnell bin ich raus aus der Stadt. Auf einem kurzen 20 km Stück ist die Hauptstraße sogar zur Autobahn ausgebaut. Da lässt es sich wunderbar auf dem Seitenstreifen fahren, Tempolimit ist 90 km/h! Für Radfahrer ist es offiziell natürlich verboten. Aber das stört keinen, beispielsweise warten auch Leute mitten auf der Autobahn auf ihren Bus. Am Ende der Autobahn bildet sich ein Stau, ich verlasse die Hauptstraße und genieße entspanntes Radeln auf den kleinen Nebenstraßen.
Irgendwo vor Shkodër stoße ich wieder auf die Route, die wir vor 10 Jahren gefahren sind. Damals war es spannend, denn in unserer Karte war eine Straße über den Fluss eingezeichnet, die nicht existierte. Dennoch wiesen uns Jugendliche den Weg bis zum Fluss. Ein Boot wurde von der anderen Seite herbei gepfiffen und so gelangten wir auf die andere Seite. Nun ist die Versuchung groß diese Flussüberquerung wieder aufzusuchen. Aber letztendlich entscheide ich mich dagegen und fahre nach Shkodër um dort meine letzte Nacht in Albanien zu verbringen.
Von den kleinen Ein-Mann-Bunkern sehe ich nicht mehr so viele. 175.000 sollen gebaut worden sein. Geplant waren viel viel mehr, die zum Glück nie gebaut wurden.
Die hässlichen Stellen fotografiert man selten. Aber dreckige Mülltonnenplätze oder Mülldeponie sehe ich leider zu oft.
Einachsige Anhänger sehe ich hingegen kaum mehr. Dieses Pferd freut sich über eine saftige Wassermelone.
In Shkodër gibt es ein Hostel, bei dem Radfahrer umsonst zelten können. Gleichzeitig mit mir sind noch ein Amerikaner und zwei deutsche Frauen mit Hund da.
Kurz vor der Grenze ist es ein nettes großes Schild. Nur noch 1900 km nach Berlin.
Ich blicke nach Montenegro, das Land der schwarzen Berge. Ebenso schwarze, tief hängende Wolken erwarten mich. Für heute sind heftige Gewitter und viel Regen vorhergesagt. Lange muss ich nicht warten, bis es mich erwischt…